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"1. Arbeitgeber sind nach § 3 II Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu erfassen, für die der Gesetzgeber nicht auf der Grundlage vn Art. 17 I RL 2003/88/EG en von den Vorganben in Art. 3,5 und 6 Buchst. b dieser Richtlinie abweichende Regelungen getroffen hat.
2. Dem Betriebsrat steht kein - über einen Einigungsstellenspruch durchsetzbares - Initiativrecht zur Einführung eines elektronischen Systems zu, mit dem die tägliche Arbeitszeit solcher Arbeitnehmer erfasst werden soll. (...)
s. Kommentierung Nr. (19) des Urteils:
"3. Danach steht dem Betriebrat das reklamierte Initiativrecht nicht zu. Die Arbeitgeberinnen sind schon kraft Gesetzes verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden in ihrem gemeinsamen Betrieb erfasst werden. Deshalb kann sich ein Initiativrecht des Betriebsrats (....) nicht auf die Einführung - das "OB" - einer darauf bezogenen Zeiterfassung richten."
BAG 13.9.2022 - 1 ABR 22/21

BAG 23. September 2015 – 5 AZR 767/13 –

Leitsatz:
Die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit steht weder der Führung eines Arbeitszeitkontos entgegen noch schließt sie die Abgeltung eines aus
Mehrarbeit des Arbeitnehmers resultierenden Zeitguthabens aus.

Rn 42
2.a (…)
Wie im Überstundenprozess hat er (der Kläger) darzulegen und – im Bestreitensfall – zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat und geleistete Überstunden vom Arbeitgeber veranlasst wurden oder diesem zumindest zuzurechnen sind. Denn der Arbeitgeber muss sich Leistung und Vergütung von Überstunden nicht aufdrängen lassen, und der Arbeitnehmer kann nicht durch überobligatorische Mehrarbeit seinen Vergütungsanspruch selbst bestimmen (vgl. BAG 10. April 2013 – 5 AZR 122/12 – Rn. 13).

Der eine Zeitgutschrift für Überstunden beanspruchende Arbeitnehmer genügt deshalb seiner Darlegungslast nicht schon, wenn er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Er hat darüber hinaus darzulegen, dass Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen seien (vgl. BAG 25. Mai 2005 – 5 AZR 319/04 – zu II 1 a der Gründe; 16. Mai 2012 – 5 AZR 347/11 – Rn. 31, BAGE 141, 330; 10. April 2013 – 5 AZR 122/12 – Rn. 16 ff.).

BAG 23. September 2015 – 5 AZR 767/13 –

Leitsatz:
Die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit steht weder der Führung eines Arbeitszeitkontos entgegen noch schließt sie die Abgeltung eines aus
Mehrarbeit des Arbeitnehmers resultierenden Zeitguthabens aus.

„Vertrauensarbeitszeit“ bedeutet nur, dass der Arbeitgeber auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, der betreffende Arbeitnehmer werde seine Arbeitspflicht in zeitlicher Hinsicht auch ohne Kontrolle erfüllen (vgl. BAG 6. Mai 2003 – 1 ABR 13/02 – zu B II 2 d cc (2) der Gründe, BAGE 106, 111; 24. Mai 2012 – 2 AZR 124/11 – Rn. 34; 29. August 2013 – 2 AZR 273/12 – Rn. 35). Die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit steht weder der Führung eines Arbeitszeitkontos entgegen noch schließt sie die Abgeltung eines aus Mehrarbeit des Arbeitnehmers resultierenden Zeitguthabens aus.

I. (RN 9)  Nach § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 TVöD muss der Erholungsurlaub im Falle der Übertragung in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TVöD bis zum 31. Mai anzutreten.
Da der Kläger wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit den tariflichen Mehrurlaub aus dem Kalenderjahr 2007 weder in diesem Jahr noch bis zum Ablauf des zweiten Übertragungszeitraums am 31. Mai 2008 antreten konnte, ist dieser Urlaub verfallen. (…)

RN 12
a) Für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, den Mehrurlaub einem eigenen, von dem des Mindesturlaubs abweichenden Fristenregime zu unterstellen, müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen (vgl. BAG 23. März 2010 – 9 AZR 128/09 – Rn. 37 ff., (…)). Fehlen solche, ist von einem „Gleichlauf“ des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf tariflichen Mehrurlaub auszugehen.

Ein „Gleichlauf“ ist nicht gewollt, wenn die Tarifvertragsparteien entweder bei der Befristung und Übertragung bzw. beim Verfall des Urlaubs zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tarifvertraglichem Mehrurlaub unterschieden oder sich vom gesetzlichen Fristenregime gelöst und eigenständige, vom Bundesurlaubsgesetz abweichende Regelungen zur Befristung und Übertragung bzw. zum Verfall des Urlaubsanspruchs getroffen haben (vgl. BAG 12. April 2011 – 9 AZR 80/10 – Rn. 22, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

b) RN 13
§ 26 TVöD differenziert hinsichtlich der Befristung und der Übertragung des Urlaubs zwar nicht ausdrücklich zwischen gesetzlichem Mindest- und tariflichem Mehrurlaub. Die Tarifvertragsparteien des TVöD haben sich jedoch vom gesetzlichen Fristenregime gelöst, indem sie die Befristung und Übertragung und damit auch den Verfall des Urlaubsanspruchs abweichend vom Bundesurlaubsgesetz eigenständig geregelt haben.

RN 14
aa) Während nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG der Urlaub im Fall der Übertragung in den ersten drei Monaten des Folgejahres gewährt und genommen werden muss (vgl. BAG 7. Dezember 1993 – 9 AZR 683/92 – zu I 3 der Gründe, BAGE 75, 171; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 126), reicht es gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 TVöD aus, dass der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten wird. Die tarifliche Regelung, nach der der bloße Urlaubsantritt genügt, weicht damit erheblich von der gesetzlichen Regelung ab.

RN 15
bb) Eine weitere wesentliche Abweichung vom gesetzlichen Fristenregime beinhaltet § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TVöD. Nach dieser Vorschrift ist der Erholungsurlaub bis zum 31. Mai anzutreten, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres angetreten werden kann. Die Tarifvertragsparteien haben damit anders als der Gesetzgeber im Bundesurlaubsgesetz einen zweiten Übertragungszeitraum festgelegt und auf diese Weise ein eigenständiges, vom Bundesurlaubsgesetz abweichendes Fristenregime geschaffen.

BAG 7.8.2012, 9 AZR 353/10

Leitsätze

1. Der gesetzliche Erholungsurlaub (§§ 1, 3 BUrlG) und der schwerbehinderten Menschen zustehende Zusatzurlaub (§ 125 Abs. 1 SGB IX) setzen keine Arbeitsleistung des Arbeitnehmers im Urlaubsjahr voraus. Gesetzliche Urlaubsansprüche entstehen auch dann, wenn der Arbeitnehmer eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bezieht und eine tarifliche Regelung das Ruhen des Arbeitsverhältnisses an den Bezug dieser Rente knüpft.

2. Ist ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert, verfallen seine gesetzlichen Urlaubsansprüche aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (im Anschluss an EuGH 22. November 2011 – C-214/10 – [KHS]).

3. Für die Leistung der Urlaubsabgeltung ist im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB keine Zeit nach dem Kalender bestimmt, sodass der Arbeitgeber grundsätzlich noch nicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern erst durch Mahnung in Verzug kommt.

BAG, Urt. v. 12. 4. 2011 9 AZR 80/10

Leitsätze

1. Die Tarifvertragsparteien können für den nicht unionsrechtlich verbürgten Teil des Urlaubs (Mehrurlaub) regeln, dass der Arbeitnehmer das Risiko der Inanspruchnahme bis zu einem von ihnen festgelegten Zeitpunkt trägt.

2. Die richtlinienkonforme Fortbildung oder unionsrechtskonforme Auslegung von Vorschriften des BUrlG ist nicht auf den tariflichen Mehrurlaub anzuwenden, wenn ein Tarifvertrag eigenständige Regelungen trifft. Dazu muss die Auslegung ergeben, dass der Tarifvertrag vom grundsätzlichen Gleichlauf zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub abweicht. Das ist der Fall, wenn er entweder zwischen gesetzlichem Urlaub und tariflichem Mehrurlaub unterscheidet oder sowohl für Mindest- als auch Mehrurlaub wesentlich von § / III BUrlG abweichende Übertragungs- und Verfallsregeln bestimmt.

 

 

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